Verdun bedeutet Tod und Verderben. Verdun bedeutet Krieg. Genau genommen den Ersten Weltkrieg. Nie war das Töten und Morden im Namen des Vaterlandes so sinnlos, so unnötig. Doch Verdun bedeutet auch Gedenken und Hoffnung, wie wir selbst hautnah miterleben durften. Auf Einladung des Deutsch-Französischen Jugendwerks kam einer Schülergruppe der ERS nämlich die große Ehre zuteil, an den Festlichkeiten zum 100. Jahrestag teilnehmen zu dürfen. Zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Francoise Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und 4.000 anderen Jugendlichen aus Frankreich und Deutschland! Höhepunkt der großen Zeremonie zu Gedenken der über 300.000 Toten alleine in Verdun sollte eine Choreographie des bekannten belgischen Choreografen Marc Bogaert werden. Der weltberühmte Regisseur Volker Schlöndorff, Oscar-Gewinner mit dem Film "Die Blechtrommel", war für die ganze Inszenierung verantwortlich, von ihm wird später noch die Rede sein.
Nach der Ankunft im verregneten Verdun, bezogen wir unsere Feldbetten in extra aufgestellten Riesen-Zelten. Das war zwar nicht schön aber immerhin praktisch. Unter anderem war ein Holzboden eingelegt worden, was von große Vorteil war, denn die vier Tage, die wir dort verbringen sollten, regnete es immer mal wieder und wenn dann so richtig und aus Kübeln. Unsere Neuntklässler und ihr Lehrer Axel Goerke machten das Beste daraus. Uns war eine Klasse aus Nantes in Frankreich vermittelt worden - und die Realschule Rüppurr - und schnell schlossen wir Freundschaft, kommunizierten auf Englisch oder mit Händen und Füßen, sangen lustige Lieder und stellten uns immer wieder in langen Schlangen an, sei es vor den Duschen und Toiletten oder vor dem Essen. Dieses fand in einer eigens geräumten Tennishalle statt, die Leute mussten ja schließlich irgendwie satt werden. Französische Meisterküche war da eher nicht zu erwarten, was aber ohne größeren Proteste okay ging.
Über paar andere Dinge gab es aber deutlich mehr Ärger. So zum Beispiel die sehr wenige Freizeit, das lange Warten auf die Busse und noch schlimmer: Das stundenlange Warten im Regen. Die Lehrer hatten nach den ersten Proben schon rebelliert und Regenschutz und mehr Toiletten gefordert, was dann auch für den großen Tag der Zeremonie zugesagt wurde. Als wir morgens um 8 Uhr an den Grabfeldern von Douaumont angekommen waren, und es natürlich wieder wie aus Kübeln schüttete, mussten wir zu unserem Entsetzen feststellen, dass natürlich nicht an uns gedacht wurde. Also kein Regenschutz und wieder ewig langes Warten, dass es endlich los geht. 4 Toiletten für 2.000 Leute, überall Matsch und aufziehende Gewitter, das brachte das Fass (fast) zum Überlaufen. Die Rufe nach "Streik" wurden lauter und bei der Generalprobe machte sich kaum noch einer Mühe. Wir waren stinkig. Der Punkt, an dem Herr Schlöndorff wieder ins Spiel kommt. Wir schnappten uns den Herrn Filmemacher und machten klar, dass nicht viel fehlt und die Lehrer und Schüler das ganze platzen lassen. Die seit Monaten geplante Inszenierung wäre tatsächlich ins Wasser gefallen.Das einzige Glück für Schlöndorff und sein Team war, dass der Regen nachließ und wir nun nicht mehr auf ein größeres Zelt angewiesen waren. Außerdem ließ er sich bei den Schülern blicken und dankte ihnen persönlich für ihren Einsatz. So konnte man dann live im Fernsehen oder abends in der Tagesschau schöne bunte Bilder von tanzenden Schülern sehen, denen Merkel und Hollande freundlich zuwinkten. Von der Fast-Absage hatte niemand etwas mitbekommen.
Ein paar Tage später ist der Ärger ob der schlechten Organisation schon wieder beinahe vergessen. Was bleibt sind tolle Eindrücke und neue Freunde. Die deutsch-französische Freundschaft lebt, gerade unter der Jugend, und das ist ja das Wichtigste gewesen. Ein Video der Ernschtle-TV-Crew über die Tage in Verdun ist in Arbeit und wird schnellstmöglich nachgereicht.